quines Metabolisches Syndrom – EMS


Das Equine Metabolische Syndrom ist eine Stoffwechselerkrankung mit den Leitsymptomen Adipositas (Verfettung; insbesondere Kammfett am Hals, Fettdepots neben der Lendenwirbelsäule, am Schweifansatz und über den Augen), Neigung zu Hufrehe (siehe unter Huferkrankungen) und Insulinresistenz.

Typisches Fettdepot über dem Auge

Fettdepots über den Augen, am Hals und an der Lendenwirbelsäule

Entstehung und Symptome


An EMS können Pferde jeden Alters und jeder Rasse erkranken, am häufigsten sind allerdings Pferde der sogenannten Robustrassen, welche ohnehin leichtfuttrig sind und zu Verfettung neigen, betroffen.


Hauptursache ist mangelnde Bewegung und Überfütterung bei entsprechend prädisponierten Pferden. Dies führt dauerhaft zu einer Insulinresistenz. Selten kann Stress die Entstehung der Erkrankung verursachen, häufig wird das Krankheitsbild durch Stress (Kortisolausschüttung) verstärkt und es tritt dann eine Hufrehe auf. Sekundär kommt EMS beim Equinen Cushing Syndrom vor (siehe dort).


Neben der zum Teil regionalen Verfettung und Hufrehe (unterschiedlich stark ausgeprägt von leichter Fühligkeit bis zum schweren Reheschub) kommt es in manchen Fällen zu Infektanfälligkeit, Leistungseinbußen, vermehrter Wasseraufnahme und häufigem Wasserlassen.


Die Insulinresistenz spielt eine zentrale Rolle bei dieser Erkrankung. Vereinfacht bedeutet Insulinresistenz, dass Zucker aus dem Blut nicht mehr in die Zellen gelangt und die Zellen der Huflederhaut unterversorgt werden.


Im Normalfall öffnet Insulin die Tür für den (für die Zellen notwendigen) Zucker. Bei der Insulinresistenz ist dieser Türöffner gestört und die Zellen „verhungern“.


Beim gesunden Pferd steigt nach der Nahrungsaufnahme der Blutzuckerspiegel an. Dies ist für den Körper ein Zeichen Insulin zu produzieren, damit dieser Zucker in die Zellen gelangen kann. Anschließend sinken Zucker- und Insulinspiegel wieder.

Beim insulinresistenten Pferd bleibt der Zuckerspiegel hoch und deshalb auch der Insulinspiegel.




Die Insulinresistenz entsteht durch dauernde Überversorgung mit Energie. Bei bedarfsgerechter Fütterung wird die zugeführte Energie verstoffwechselt und verbraucht. Wird zu viel Energie zugeführt, so wandelt der Körper diese in Fett um. Das entstehende Fettgewebe ist nicht nur ein Speicherorgan sondern produziert verschiedene Substanzen, sogenannte Adipokine. Hierbei handelt es sich um verschiedene Stoffe die Entzündungsreaktionen hervorrufen können, die Durchblutung stören und verhindern, dass Zellen (besonders der Huflederhaut) mit Energie versorgt werden.





Die gesamte Wirkweise der Adipokine ist noch nicht erforscht. Sicher ist, dass sich darunter auch entzündungsfördernde Stoffe befinden, die mit zur Entstehung von Hufrehe beitragen könnten.


Diagnose


Das klinische Bild mit den typischen Fettdepots und eventuell vorhandener Hufrehe ermöglicht schon eine Diagnosestellung.

Außerdem kann die Diagnose anhand verschiedener Blutwerte gestellt werden (Glukose, Insulin, Blutfette). In unklaren Fällen (wenn der Nüchterninsulinwert normal ist), wird ein Glukose-Toleranz-Test durchgeführt. Hierzu wird zunächst der Insulinwert bestimmt, dann eine definierte Menge Glukose (Traubenzucker) gefüttert und nach 2 Stunden erneut der Insulinwert gemessen.

Bei akuten Schmerzen und Stress sind die Werte nur bedingt aussagekräftig da Schmerz und Stress zu erhöhten Glukose- und Insulinspiegeln führen kann.

Wichtig ist besonders bei älteren Pferden auch immer ein Equines Cushing Syndrom auszuschließen, da dieses sekundär zu EMS führen kann und eine Behandlung ohne Behandlung der Grunderkrankung nicht zum Erfolg führen kann.


Behandlung


Das Wichtigste bei der Behandlung des metabolischen Syndroms ist die Gewichtsreduktion. Erkrankte Pferde sollten nur mit Heu (1 bis 1,5 kg pro 100 kg Körpergewicht) und Mineralfutter gefüttert werden. Bei manchen Tieren muss die Heuration noch weiter reduziert werden oder das Heu muss gewaschen werden um möglichst viel Zucker zu entfernen. Außerdem können kleine Mengen Stroh zugefüttert werden. Eine exzessive Aufnahme von Stroh ist unbedingt zu vermeiden, da dies zu Verstopfungskoliken führen kann.

Weidegang ist bei bereits an Rehe erkrankten Pferden verboten, hat das Pferd keine Hufrehe kann es eventuell stundenweise auf eine Weide mit überständigem Gras, ggf. mit Freßbremse.

Freßbremse

Neben der reduzierten Fütterung sollte das Pferd möglichst viel bewegt werden um die Gewichtsabnahme zu unterstützen. Bei akut oder chronisch an Hufrehe erkrankten Pferden ist dies häufig nur eingeschränkt möglich, hier kann über Bewegung im Aquatrainer nachgedacht werden.

Oft gestaltet sich das Abnehmen durch Bewegung gerade am Anfang sehr schwierig, da durch die Insulinresistenz nur wenig Energie in die Zellen gelangen kann um dort verbrannt zu werden. Mit der Zeit nimmt die Insulinresistenz jedoch ab und das Abspecken wird einfacher.


Zur Behandlung der Hufrehe und eines Equinen Cushing Syndroms siehe dort.


„Rehefutter“, spezielle Mischungen für EMS-Pferde etc. haben auf dem Futterplan nichts zu suchen. Kraftfutter bleibt Kraftfutter und führt keinesfalls zur gewünschten Gewichtsabnahme.


Flohsamen können eine Insulinresistenz positiv beeinflussen, hierzu müssen jedoch extrem große Mengen gefüttert werden, welche dann schon eine abführende Wirkung haben.

Weitere Ansätze sind die Fütterung von Chromhefe und diverse Medikamente aus der Humanmedizin. Leider hat sich gezeigt, dass keines dieser Mittel das Equine Metabolische Syndrom positiv beeinflusst.


Management des EMS- (Risiko-) Pferdes


EMS Pferde sind dauerhaft auf Diät zu halten. Die Fütterung sollte aus hochwertigem, spät geschnittenen Heu und ggf. Mineralfutter bestehen.

Heulage hat einen höheren glykämischen Index als Heu und ist daher eher ungeeignet. Der glykämische Index beschreibt wie schnell der Blutzuckerspiegel nach Fütterung ansteigt. Futtermittel mit einem hohen glykämischen Index sollten vermieden werden (hierzu zählt jede Art von Kraftfutter, Müsli etc.).

Weidegang ist auf überständigen Weiden, ggf. mit Freßbremse und unbedingt nur stunden-, bei manchen Tieren auch nur minutenweise oder gar nicht möglich.

Muss im Einzelfall doch mehr Energie zugeführt werden so kann dies durch die Fütterung von Öl oder unmelassierten Rübenschnitzeln geschehen.

Ein Risikokandidat für EMS und Hufrehe

Zur Gewichtsreduktion und zur besseren Durchblutung (verbessert insgesamt die Gesundheit) ist regelmäßige Bewegung essentiell.


Stress sollte möglichst vermieden werden.


Bei entsprechender Haltung, Fütterung und Bewegung kann die Insulinresistenz wieder verschwinden, das Pferd bleibt jedoch immer ein Risikopatient und sollte weiter wie ein EMS-Pferd behandelt werden.